Sonntag, 18. Oktober 2015

Stimmprobe

Es war ein trister vorwochenend Abend. Draussen prasselten die Regentropfen ihre sirengleichen Lieder, drinnen vermischte sich der schweissgetriebene Dunst mit dem dem dichten Rauch der unzähligen nervösgezogenen Zigaretten. Lange hatten wir alle auf diesen Moment gewartet und nun, sassen wir kurz davor in unserem Lokal. Das Licht schummerte, abwechslungsweise grün, blau, orange oder rot von den Wänden - je nach dem in welche Richtung unsere Blicke gerade fielen - als wollten die Lampen der Lichterketten die Zukunt metaphorieren. Wir trafen uns hier zum letzten Mal - zur abschliessende Stimmprobe. Es war der Moment vor dem grossen Augenblick, Prognosen waren aber trotzdem schwierig, Gewissheit würden wir erst am Sonntag augrund des medialen Echos haben - dies war die einzige sichere Gegebenheit. Ruhig schauten wir nochmals über alle Plakate, Bilder- und sonstigen Aufnahmen, die wir als Beispiele vor uns ausgebreitet hatten. Das Werk der Werbetrommel, dem entscheidenden Instrument in unserem Ensemble. Ruhig verteilte ich nun meine Liste - ein Vorschlag - ohne definitive Gültigkeit. Wir wussten alle, dass in den nächsten Minuten oder sogar Stunden noch einiges geändert, addiert und gestrichen werden würde. Aber das gehörte zum Prozess. Wir machten dies nicht zum ersten Mal, trotzdem waren wir alle immer wieder aufs Neue nervös. Trotzdem waren alle auch irgendwie zufrieden, dass alles bald ein Ende haben würde. Die Stunden zogen an uns vorbei und mit ihnen verzogen sich die Nebelschwaden aus Raum und unseren Köpfen. Der Minutenzeiger fungierte an diesem Abend als Schneepflug, der mit jedem Vorwärtsrücken die Sicht und den Pfad freischuf, auf dem wir unentwegt zusteuerten. Schliesslich war es geschafft - wir wussten alle, wir konnten nun nichts mehr ändern. Jetzt wird das Volk über uns und unser Werk, in dem Meinung, Einstellung und Grundwerte - unser Herzblut - steckte, entscheiden. Schweigend, aber mit erhobenen Kopf Richtung Zukunft blickend, verliessen wir unser Bandlokal.