Donnerstag, 11. Juli 2013

Weite Nähe

Weite Nähen überall, ausgedehnt doch eingeengt im Geiste, liegend mit üppiger Erscheinung doch brach im Herzen. In mitten dieser Gedankenlosigkeit, dem Bruch der Stille durch laute Schritte trotzen, der überdauernden Kurzweiligkeit eine Falle legen, dem alltäglichen Einerlei mit dem ganz normalen Wahnsinn begegnen. Einheitlichkeit durch Verschiedenartigkeit und eine Besonderheit durch die Kehrseite der Vernunft. Die Endlichkeit aus dem eigenen kleinen Universum verbannend, die Grenzen mit Brücken überdeckenend, der Hoffnung ins Hinterzimmer folgend der Zielosigkeit entgegen ziehen. Die Endstation als Ausgangspunkt der grundsätzlichen Flexibilität ohne Regeln als Selbstverordnung nehmend, dem Ganzen ein Stück vom Ende geben. Mit ausgestrecktem Zeigefinger wahllos einen Kern des eigenen Chaos auf den Punkt bringend, am Ufer des Seins der inneren Flut lauschend mit allen Kräften Federn lassen. Dies aus voller Absicht, leerend und sinkend dem Bodenlosen entgegenfallen.

Weite Nähe überall und du mitten drin... gedankenlos der Wahrheit glaubend.

Sonntag, 7. Juli 2013

Zerreissprobe

Sie liebte es, sie liebte alles daran. Zum Beispiel seine Standhaftigkeit und (dennoch) auch seine Offenheit sich dem drehenden Wind immer wieder anzupassen und sich mitwehen zu lassen, ohne dabei aber wirklich einztubrechen oder an den Dingen, die durch sein ganzes Leben immer wieder von Aussen einwirkten, zu zerreissen. Sie waren über Jahre unzertrennlich, erlebten Hochs und Tiefs, Sonne und Regen, Frühling bis Herbst und ein paar wenige Male auch den Winter. Bei ihm fühlte sie sich geborgen und auch wenn sie sich nicht zu der romantischsten Sorte von Menschen der Weltbevölkerung zählte, vermisste sie jedesmal die Nestwärme zwischen ihnen, wenn sie sich wieder für eine Zeit trennen mussten. Es war im Grunde alles so wie sie sich das früher immer vorgestellt hatte.


Sie wusste, dass sie keine Garantie (mehr) hatte, dass diese Zweisamkeit ewig halten würde. Sie hatten so viel gemeinsam durchgemacht und so viele Nächte zusammen verbracht, manchmal alleine und manchmal mit anderen zusammen, so dass die Gedanken an die Endlichkeit ihrer Zweisamkeit mit zunehmender Zeit immer schwerer auf ihren Schultern lasteten. Sie drängte solche Momente ins Innerste ihres gesamten Gedankenguts zurück und verschloss die emotionalen Türen. Sie wollte die Zeit geniessen, im Damals wie auch im Dort.

Doch dann kam jene Nacht, die ihre Träume und Sehnsüchte im wahrsten Sinne des Wortes auf eine Zerreissprobe stellte. Es war irgendewo auf der Welt, in den nördlichen Breitengraden, wie es die Beiden durch die Jahre öfters zu bereisen pflegten und es war ein wunderschöner Sommertag gewesen. Nicht so, dass man die Luft um sich herzum stehen fühlen konnte, aber auch nicht so, dass man frösteln musste, wenn ein lauer Wind durch die Landschaft strich. Sie sassen den ganzen Tag zusammen an einem einsamen See, irgendwoe in der Einsamkeit, umgeben nur von grossen Bäumen, die die Zeit langsam durch den Tag wogen. Nichts schien diese Idylle zu stören.

Die schwarzen Wolken kamen wie aus dem Nichts, doch schienen sie - aufgrund ihrer Bedrohlichkeit - schon immer irgendwo über der Beziehung geschwebt zu sein, als wären sie das Schwert von Damokles, dass die Liebe mit dem nächsten Hauch jäh in zwei Stücke zu schneiden drohte. Sie stand auf, während das Unbehagen in ihrer Seele aufkeimte, auch wenn sie sich früher sicher war, dass es eine solche nicht gab, und sie flüchtete sich in seine Arme, in die Geborgenheit seiner Wärme, zwischen die vier Wände seines Seins.

Zwanzig Minuten später hörte sie den ersten Donnerschlag, sie sahz die Blitze, die sich durch ihn durch frassen, als wären es scharfe Klingen, die durch die buttergleichen Wände glitten. Sie kauerte sich in eine Ecke, umgeben von seiner erhofften Stärke und zog die Decke weit über ihren Kopf. Sie hatten zusammen schon viele Stürme erlebt, viele Wogen konnten sie gemeinsam glätten. Er war jeweils - in diesen Momenten - immer für sie da. Sie war sich sicher, er würde es auch diesemal schaffen.

der 1. Windstoss brach die Stange im Vorzelt, die unzähligen Weiteren zerfetzten die Aussenhülle. Zusammengekauert in der Ecke lauschte sie seinem einsamen Kampf gegen die Naturgewalten. Der letzte Windstoss hauchte dann aber auch seinem Innersten das letzte Leben aus.

Regungslos lag es da, als sie sich aus seinem Armen befreite und in die Nacht hinausschritt. Der letzte Blick zurück, voller Sehnsucht auf all die schönen, gemeinsamen Momente und dann verschwand sie in der inzwischen aufgetürmten Dunkelheit, den Lichtern in der Ferne folgend, die Hoffnung auf ein nächstes Kapitel in ihrer Reisegeschichte aufrechterhaltend. Aber von da an hauste sie nur noch in Hotels, Gaststätten und sonstigen Unterkunftsgebäuden.

Liebesbrief

Sie schrieb das erste Mal einen Liebesbrief. Und auch wenn es dafür keine Regeln gibt, liess sie den Stift mit absoluter Achtsamkeit und Sorgfalt über die Zeilen gleiten. Jedes Wort war wohl überlegt, nichts überliess sie dem Zufall. Sie steuerte jedem ihrer Sätze volle Aufmerksamkeit bei, lass jeweils einen abgeschlossenen Abschnitt nochmals, um den nächsten auch wirklich darauf anzupassen zu können. Es war ein kleines Meisterwerk, an Perfektion fast gar nicht zu übertreffen. Sie hatte Hühnerhaut, als sie den Brief nochmals las. Satz für Satz begann sie mehr zu schaudern. Und weil bei solchen Bekennungsessays das Eibenlob keinen unangenehmen Duft versprüht, roch ihre Wohnung immer noch nach ihrem eignen Geruch, den er so mochte....und der einer der Gründe für die Worte auf dem wohlausgesuchten Papier waren.

Als sie fertig gelesen hatte, überlegte sie nur kurz, knüllte das Papier dann zusammen und warf es als 25-teiliges Puzzle in den Müll. Die nächste Version war in zwanzig Sekunden geschrieben und enthielt genau drei Worte.

Als er es las, spürte er die tiefe gegenseitige Verbundenheit ... weit in sich drin.

Tunnel

Es war tief in der Nacht als sie sich zum 1. Mal den Tag herbei wünschte. Dastehend, mit den Gedanken zwischen Stuhl und Bank hängend, sehnte sie sich wieder zurück ins Licht am Ende des Tunnels. Erst jetzt wusste sie, dass ein Richtungswechsel auf dieser Strasse nicht die beste Entscheidung ihres Lebens war. Es war ja keine Handbremswendung, sie dachte sie hätte sich das gründlich überlegt, doch schienen ihre Intuition und Selbstwahrnehmung, wie so oft einen Strich durch die Rechnung zu machen. Und dabei war sie doch noch nie berechnend gewesen, so glaubte sie jedenfalls, und fühlte sich in diesem Moment wie eine Atheistin des eigenen ICHs und ÜBER-ICHs zu gleich. Ihr Homunkulus muss wohl einen Betriebsfehler gehabt haben oder sie hatte vielleicht einfach das Update verpasst. Sie hoffte auf auf einen allgemeinen Neustart.

Sie machte ein paar Schritte vorwärts und versuchte die Dunkelheit auf ihre Seite zu ziehen, als wäre das Schwarz der letzte Vorgang, der das Ende dieser Vorstellung anzeigte. Ein Drama Widerwillen. Mehrmals Griff sie ins Leere und trotzdem geschah nichts.

Sie blieb wieder stehen, war sich aber gleichzeitig nicht sicher, ob sie nicht schon seit geraumer Zeit stand., als wäre sie die Welt in ihrem eigenen heliozentrischen Weltbild, um die sich nur die eigenen Gedanken drehten. Nicht einmal einen Schattenwurf konnte sie noch erkennen, das Licht in ihrem Rücken schien also langsam kleinder zu werden und die Welt um sie herum versank mit ihm im Nichts. Und sie liess los und fiel ins bodenlose, hoffend doch irgendwann aufzuprallen.

Es war mitten am Tag, als sie erwachte, zusammengekauert daliegend mit den selben Kleidern wie am Tag zuvor und im Zentrum des Raumes, zwischen Stuhl und Bank. Die Sehnsucht war verflogen, ebenfalls auch die Dunkelheit, und hinterliess eine absolute und gründliche Leere.

Systemfehler

Die Fehlermeldungen häuften sich. Er gab mental den 1. Suchbegriff ein und klickte auf SUCHE. Das eigenen Google ergab aber wiederum keinen Treffer. Eine eMail musste er sich nicht schreiben, das wusste er, hatte er doch sein Zugangspasswort schon lange vergessen. Er war somit im Neuland seines Selbst verloren ohne Möglichkeit auf einen Neustart. Ein erneuter Versuch den Task-manager zu öffnen klappte endlich. Die vegetativen Anwendungen liefen normal, die CPU war zwar leicht ehöht aber noch im grünen Bereich. Er versuchte die Anwendung ruminisor.exe sofort zu beended und hoffte insgeheim auf einen Datemverlust beim Shut-Down. Sein interner Speicher war schon lange voll und die externe Festplatte hatte er verloren. Eine nue kaufen mochte er nicht, das Bezahlen für einen solchen Device lieg gegen seine Prizipien. Ruminisor.exe hat sich anscheinend selbst wieder gestartet. Eine Maleware, die sich wohl beim letzten Download mit auf den Rechner geschmuggelt hatte und dabnn nach dem Shutdown und dem darauffolgenden Neustartversuch vor einigen Wochen im Hintergrund installiert hatte. Eventuell war es auch Schuld, dass bei den ersten drei Versuchen nur ein Blue-Screen folgte. Das System lief nun zwar wieder, war in sich aber sehr instabil. Er überlegte sich kurz das Betriebssystem ganz zu ändern, fand dies dann aber doch ein wenig zu übertrieben. Der erhoffte Datenverlust war auch fehlgeschlagen und das System lief langsam - trotzallem - heiss.

Eine Audiomeldung war das Zeichen, dass die interne Datei-Such-Funktion doch noch einen Treffer erzielt hatte. Er schaute sich den Vorschlag an, öffnete eine Register-Datei und änderte das Datum des letzten Zugriffspunktes um eine Woche zurück.

Ein erneuter Versuch eines Neustarts brachte ihn schliesslich dahing. Das System war zwar immer noch instabil, er aber fühlte sich nun leer, eine wohlige und guttuende Leere im Vergleich zu den letzten Wochen. Er wechselte in den Standy-Modus und schlief seit langem wieder einmal ohne zu träumen.

Ritt ins Ungewisse

Es war ein Ritt ins ungewisse, wie immer um diese Jahreszeit, obwohl auch der Sommer, der Herbst oder der Winter nichts an den bestehenden Tatsachen geändert hätten. Und wie jedesmal lag das Ungewisse nicht im Nirwana, sondern war Weg und Ziel zu gleich. Obschon schon kein Dieb in diesen Tagen durch die Länger zog, die Aufbruchstimmung lag trotzdem in der Luft. Und wenn es Diebesgut gab, dann wurde eher ein Herz gestohlen. In den letzten Jahren allerdings - oder jedenfalls soweit das Erinnerungsgut reichte - wurde immer zuerst ein Herz verloren, bevor es 12 Monate später Entwendung fand. Und dies meistens immer in der Ncht, bevor es wieder verschwand.

Es war ein Ritt ins Ungewisse, der fünfte bereits ... aber dieses Mal war es der Letzte.

Luisa ass

Luisa sass da und ass. Eigentlich nichts ungewöhnliches, gehört es doch zum normalen Tagesinhalt westlicher Kultur sich mindestens 3x am Tag den Magen mit allerlei Essbarem zu füllen. Für Luisa war es in diesem Moment aber anders, denn sie ass nicht aus Gewohnheit, sie ass nicht weil es ihr die Tageszeit so vorschrieb, sie ass aber auch nicht, weil sie sich vom Gruppendruck der Gesellschaft um sie herum dazu gezwungen fühlte. Nein, sie ass aus Freiheitsdrang.

Luisa hatte schon lange das Gefühl gepackt eingekesselt zu sein, eingesperrt in einer Welt voller Junk-Food, Schnellimbissbuden und Take-Away-Läden. Nicht einmal dort, wo man auch Mal sitzen konnte zum essen galt die "Let it here"-Regel für Luisa. èberall wurde einem Essen an den Kopf geschmissen, wobei das metaphorisch zu verstehen ist, weil man ja bekanntlich mit essen nicht spielt, obwohl es gemäss Luisa genügend davon gäbe um ein Legoland der kulinarik zu tausenden aufzubauen. Luisa stellte sich also an die eine Wand und ass.

Luisa ernährte sich nicht vegan, sie war auch keine Vegetarierin, sie war auch nicht auf einer antiaromatischen Gerüchetour, Luisa wollte einfach nur wieder freie Gestaltung ihrer Essgewohnheiten. Und schon das Wort "Gewohnheit" liess ihr schaudernde Hühnerhaut auf die Körperoberfläche entstehen, woebei sie diese Hühnerhaut immer wieder an die Chicken-Wings aus den All-You-Can-Eat-Läden um die Ecke erinnerte. Luisa stand also zwischen diesen Bergen von Magenfüllern und Dönerbuden, sie stand mitten im Zimmer des essbaren Gefühlschaos und suchte den Ausgang. Luisa streckte die Hand zur Wand, griff hinein, drehte sie um 60 Grad nach links, riss ein Stück dieser lebensmittelartigen Allfaltigkeit heraus und biss zu. Luisa ass sich so langsam durch die Wand.

Luisa fühlte schon lange kein Gefühl von Fülle mehr. Sie schaltete ihre Geschmacksknospen aus, das sie zu viel anschlugen. Sie lebte in ihrem eigenen Universum - wenigstens in diesem Moment - mit dem Ziel, sich endlich zu befreien. So ass sie sich Türen in die fettriefenden und biomatischen Wände, stopfte damit Löcher in ihrem Magen, die von Sehnsucht nur so brutzelten. Sie ass und ass und ass immer weiter.

Luisa sass da und ass, im kleinen Raum in dem sie nun angelangt war, ohne Fesnter und ohne Tür. Und sie war sich sicher, hinter der nächsten Wand würde die kulinarische Freiheit, das zwanglose Paradies der aromatischen Glückseeligkeit warten. Sie war sich sicher. So sass Luisa da und ass und ass und ass immer weiter.

Über Jahre

Die Jahren zogen ins Land. So viele, wie dieses Mal waren es noch nie, auch wenn sie um diese Zeit niemals alleine unterwegs waren, sondern sich immer mindestens zu viert zusammenfinden sollten. So war die Regel und an Regeln wurde unter den Jahren nicht gerüttelt. Kein Jahr war wie das andere und doch ähnelten sie sich in gewissen Punkten. So hatten beispielsweise alle die gleiche Jahreszeit und den gleichen Jahrgang.

Es war eine spezielle und sehr seltene Begebenheit, gleich so viele Jahre davon ziehen zu sehen. Alle waren vollgepackt mit verschiedenen Ereignissen, Daten und Bemerkenswertem, die sie gebündelt auf ihrem Rücken trugen. Jedes Jahr hatte daher seine eigene Geschichte, die sich zwar zuweilen zu wiederholen schien, aber dennoch nicht immer gleich war. Das Problem, so erzählte man sich über die Jahre, war die Tatsache, dass Jahre nie voneinander lernten. So konnten sich Geschichten türmen, um dann auf Folgejahren noch schwerer zu lasten, als sie es auf den vergangenen Jahren taten. Auch dies schien eine ungeschriebene Regel zu sein.

Die Jahre zogen ins Land, wie immer zu dieser Zeit und jedes Jahr wurde es eines mehr.

Eine Nacht wie diese

Selten war eine Nacht wie diese und diese Nacht war nicht einfach Dunkel, sie war keramik-schwarz schimmernd, als läge einer dieser Momente in der Luft, der - von einem Donnergrollen begleitet - wie ein Blitz auf die Welt niedergehen würde, um sie für immer zu verändern.

Selten war eine Nacht wie diese und es war nur schwer vorauszusagen, ob es je wieder eine solche geben würde. Wie Nebel lag das Unbeschreibliche über der ganzen Stadt, um sich jeden Augenblick wie ein mit betörenden Düften beträufeltes Tuch sanft über die Häuserschluchten zu legen und alles für immer in ein tiefes Delirium zu versetzten.

Selten war eine Nacht wie diese. Sie war einmalig, oder es würde etwas einmaliges werden. Es war als hätte sich über die Zeit ein Himmelbett gebildet, dass sich nun langsam zur Schlafenszeit aufplusterte, um Grosses beherbergen zu können.

Selten war eine Nacht wie diese. Aber, der Morgen danach war einer unter vielen und alles blieb sich gleich.