Donnerstag, 23. Januar 2014

Towers (bon iver)

Er begann plötzlich Bauklötze zu staunen, einfach so, aus dem Nichts. Er staunte sie einfach vor sich hin und als er fertig war, sammelte er sie einzeln auf, türmte einen um den anderen aufeinander, bis das ganze Gebäude weit in den Himmel ragte. Er setzte sich schliesslich auf den letzten Stein, schaute von dort oben auf die Welt und betrachtete das Geschehen aus der Ferne. Er sah von diesem Zeitpunkt an die Welt aus einem anderen Blickwinkel.

Sie stand verzweifelt vor ihrem unvollendeten Werk und war kurz vor der Aufgabe. Denn schon seit sie denken konnte, versuchte sie Hoffnungen zu türmen und ihre Zukunft aus Träumen zu zimmern. Doch alles was daraus entstand, waren leicht vergängliche Luftschlösser und prunkvolle Wunschgedanken, die nie wirklich belebbar waren. So holte sie Schaufel und Pickel aus dem Schopf, ging in den Hinterhof und fing an den ganzen Boden auf dem sie stand, aufzukratzen, umzugraben und auszuhölen, um schliesslich alle ihre Hoffnungen darin zu begraben.

Es war ein ganz normaler Morgen, einer wie jeder anderer in seinem Leben. Er lief die Strasse entlang und hing seinen Gedanken nach, die ihn - wie eigentlich immer - nur ins leere führten. Er war sich solche Sackgassen gewöhnt, kannte er doch bereits jeden nur denkbaren Winkel im Labyrinth seines Lebens, aus dem, so war er sich sicher, es keinen Ausweg gab und darin verlief er sich immer wieder aufs Neue im Kreis. An diesem Morgen aber hörte er aus einem Hinterhof ein kratzen und schaufeln. Er öffnete das Tor, ging hinein und stand vor einem tiefen Graben.

Als sie des Grabens Leid war, stieg sie hinab und legte sich das letzte Mal auf alle ihre Hoffnungen, um diese dann für immer tief in ihr drin verschlummern zu lassen. Sie schloss die Augen und versank im Nichts.

Er lief an den Rand des Grabens und schaute hinab, er schaute auf all die Träume, die sich dort unten wiegten, auf all die Hoffnungen, die in der Tiefe warteten. Die Faszination übermannte ihn von einem Augenblick zum anderen und er begann plötzlich Bauklötze zu staunen ... einfach so, aus dem Nichts.

Als sie wieder zu sich kam, schaute sie erstaunt am grossen Kunstwerk, das vor ihren Füssen lag, hoch. Zuversicht durchströmte sie. Und so packte sie die neue Hoffnung in ihren Rucksack, stopfte ihn mit den frischen Träumen, stieg zum ihm hinauf und fing von dort oben an, den Turm mit dem Inhalt dessen, was sie auf sich trug, zu verstärken und zu erweitern. Von diesem Zeitpunkt an sassen sie immer wieder auf neuen Höhen und sahen auf die Welt, die sie auf der Basis dieser Erfahrungen immer wieder von Anfang an neu erschaffen konnten.





Montag, 20. Januar 2014

the end is not near (band of horses)

Die Handschrift gab dem Inhalt den schnörkelreichen Glanz, den er verdiente. Wie ein metaphorischer Faden zo der Stift die Linien von links nach rechts vorwärts und quer durch die Geschichte, um dann und wann zu einem Punkt zu kommen, ohne dabei aber das Ganze je wirklich auf den Punkt zu bringen. Wort für Wort und Satz um Satz orchestrierte die Miene den Bau des Textes aufs Neue, türmte die Semantik weiter und weiter in Höhre, bis der Spannungsbogen unter der Belastung brach und alles in sich zusammensank. In der zähflüssigen Masse dieser alten Ideen, und gedanklichen Bruchstücken tränkte sich die Feder mit neuen Einfällen und begab sich wieder zu einem frischen unbeschriebenen Blatt, um dort aufs Erneute Geschichte zu schreiben.

Mittwoch, 15. Januar 2014

storytelling (Belle and Sebastian)

Die Zeit bewegte sich vom einen Moment auf den anderen an Ort und Stelle. Wie eine zähflüssig-klebende Melasse legte sich die Relativität über alles, was sonst regelmässige und definierte Schritte in die Zukunft ermöglichte. Die Zeitlupe wurde in den Schatten gestellt, um dem Stillstand das Rampenlicht zu ermöglichen. Die Zeit bewegte sich vom einen Moment auf den anderen wie ein Uhrwerk auch in der Realität im Kreis.

Wie in einem Film wurden die Affekte in Bruchteilen von Sekunden in die Welt geschleudert und liessen die einzelnen Eindrücke nicht nur vor dem inneren Auge zu einem ganz grossen Kino verschmelzen, sondern liessen sie bis auf die tiefsten Ebenen vordringen, wo sie sich einnisteten, um von da an als Zehrgut für ein grundlegendes Vertauen zu wirken. Um diese Szene wand sich die Welt in Schlaufen in der üblichen Geschwindigkeit, um mit dieser Handlung den Nährboden für das Drehbuch zu bilden, der im Stande war leere Seiten zu erschaffen und diese mit einem Handlungsstrang zu versehen, gedacht um zur unendlichen Geschichte weiter und weiter zu wachsen.

Phantasie, Wunschvorstellung, Wahnsinn und Realität verschoben ihre Gestalten plötzlich bis zur Deckungsgleichheit gegeneinander. Und bildeten so ein neues Abbild einer Wirklichkeit, die vorher nur als Hirngespinst den Pesimissus ab der eigentlichen vorherschenden Gegenwertigkeit mit Bestätigung erfüllte. Die Gegenwart befand sich auf der Achterbahn und jeder Überschlag liess alle Gedanken aufs neue durcheinander wirbeln, um sie dann jedes Mal aufs neue in einem frischen Behälter aufzufangen, einzulagern und dann für immer fest in der Erinnerung zu archivieren.

Die Geschichte schrieb sich aus dem gefühlten Stillstand fort und fügte dem Kapitel weitere Zeilen, Seiten an und erfand sich dabei zwischen den Zeilen immer wieder neu.

Mittwoch, 1. Januar 2014

Starting over (John Lennon)

Immer dann, wenn die Blätter im Wald und die Blätter am Kalender um die Wette fielen, bis sich nur noch das kahlgeschlagene Skellett der Baum und Kartonstrukturen zeigten, fing er an seine Gedanken zu stapeln. Er liess seinen inneren Suchlauf starten und durchkämmte nochmals alle seine Erinnerungen der vergangenen Zeiten, die sich an gewissen Stellen tief in seiner Seele vernarbt hatten. Er krazte jeden Fetzen zusammen, sortierte diese und häufte sie thematisch zu grossen, mentalen Bergen. Und er wusste, das war der Moment, in dem er diese Berge versetzen musste, um Neues einpflanzen zu können und um der Sonne die Möglichkeit zu geben, die neu gesprossenen Hoffnungen und Wünsche mit ihrem Licht zum gedeihen zu bringen.

Immer dann, wenn sich die Steinböcke auf den gehäuften Gedankenbergen durch den Schnee sulten, ihre Spuren hinterliessen, wie wenn sie einzelnen Erinnerungsstücken noch tiefere Eindrücke verleihen wollten, fing er an seine Gedanken durch die verschiedenen Persönlichkeiten zu paraphrasieren. Er liess seinen metaphorischen Stift durch über die weissen Seiten gleiten, er notierte sich jede Einzelheit, die er noch zusammenkritzeln konnte und er versuchte diese verschiedenen Stücke zu einem ganzen zu türmen. Alles dafür, damit er sich nochmals in den Gängen, die zwischen den Zeilen entstanden, verlieren konnte und damit er sich als Minotaurus in seinem eigenen Labyrinth hoffnunglos verirrte, um dann schlussendlich besiegt und erlöst zu werden.

Immer dann, wenn sich die Zeit des Jahres die Nächte dehnte und der Dunkelheit damit eine gewisse Macht über den Tag verschuf, immer dann, wenn sich die Schatten im Mondlicht anstelle der Sonne aus ihrem Schlummern erhoben, fing er an in alten Gruben zu graben, entfernte Winkel zu besuchen, um dann dem Ganzen und sich selber die Möglichkeit zu geben, alles ruhen zu lassen. Daher mischte er sich sich mit aller Vorstellungskraft einen Gedankencoktail, ein mentales MDMA-Rezept, das ihn zu Beginn stimulieren, aufputschen und vorantreiben sollte, dessen zweite Phase aber dann eine sediative Wirkung eines Narkotikas haben sollte. Die depressiven Spätfolgen nahm er dafür in kauf, solange sie sich nicht zu einem mehrlagigen, schwarzen Tuch schichteten, die sich wie eine Zwangsjacke über seine inneren Berge legten und somit dem ganzen Lebensraum die Luft zum Atmen abschneiden würde.

Immer dann, wenn die Grobunterteilung eines gregorianischen Kalenderjahres zum siebten Mal über die volle Distanz ging, fing er an mit der Meeresbiologie seiner Gehirnfauna auf Konfrontation zu gehen. Dies mit der Hoffnung, diesmal nicht als Frack wiederum Schiffbruch zu erleiden. Er holte alles aus seinem Gegner heraus, Ritt die Pferde bis zur Front, auch wenn es dazu temporale Umwege bedurfte, er krümmte die Vergangenheit in seiner inneren Uhr um die Ecken und wickelte den roten Faden entgegengesetzt um seinen eigenen Finger, um wieder neues Garn für die Stickkunst seiner Zukunft zu haben und ebenso die Kontrolle zu besitzen, sich diesmal nicht selber hinters Licht führen zu können.

Aber dieses Mal war alles anders. Dieses Mal schaltete er die Sprinkleranlage seiner Selbstkontrolle aus, krallte sich an das letzte Stück Glut, dass den Überrest seiner lodernden Flamme darstellte und brannte die ganzen Berge nieder, um mit der Asche den Boden zu düngen, auf dem seine neue Hoffnung keimen konnte.

Der entstehende Rauch benebelte seine Sinne, liess ihn durch seine Geschichte taumeln und die Glut brannte die Essenz des ganzen bisherigen Seins tief in alle Facetten seines Wesens. Dies schuf die Basisstruktur des Deckumfangs, die die noch ungeschriebene Worte zusammenhalten sollten. Als er am nächsten Morgen erwachte, standen die Bäume immer noch nackt vom Waldrandher aufgereiht. Der Kalender begann aber wieder mit dem obersten Blatt seiner Hochstaplerei. Dies diesesmal aber nicht nur als ein Neubeginn in einem wiederkehrenden Zyklus, sondern als erste, frische Seite in einer neuen, unendlichscheinenden Geschichte.