Mittwoch, 19. November 2008

Holunderblütenbaum, Teil 1 (oder wie die kleine Lena fast Island gekauft hätte)

Heute lass ich meinen natürlichen Egoismus mal beiseite, heute will ich niemandem etwas aufzwingen, geschweige denn von meiner Person selber etwas erzählen, heute möcht ich keinen versteckten Seelenstriptease vollbringen, heute möchte icht nicht über mein Überich philosophieren, über das, was ich verabscheue und mich nervt nörgeln, heute ist alles anders. Heute erzähle ich von der kleinen Lena.

Lena, ein Mädchen aus einer kleinen Provinzstadt, irgendwo auf dem Lande, wo sich Fuchs und Igel noch gute Nacht sagen, auch wenn meist offen bleibt auf welcher Metaebene der Kommunikation sie miteinander verkehren, irgendwo im umgangsprachlichen Kaff draussen, dass so weit weg von allem war, dass man es nicht im entferntesten Sinne als Vorort irgendeiner Grossstadt hätte bezeichnen können, und dies, so muss man der Erzählung wohl glauben, ist für ein Land, wie es die Schweiz ist, ein schier unmögliches unterfangen, Lena also, die kleine Lena, mache sich eines Morgens wie gewöhnlich auf den Weg zur Schule. Da ihre Eltern, damals, frisch verliebt und bald verheiratet, wie es noch nicht so lange her sein muss in dieser provinzialen Gegend, ein Brauch halt, eingesessene und festgemauerte Tradition, entschieden sich ihr Haus auf den naheliegenden Hügel zu erbauen. Daher kam es, dass klein Lena jeden Tag einen langen Weg zum örtlichen Bildungsinstitut zurückzulegen hatte, denn Busse gab es wohl, oder gibt es, die Erzählung macht jedenfalls nicht den Anschein sich in der Vergangenheitsform erzählen lassen zu wollen, noch nicht, und sie auf ihrem Weg am Wegrand einen wunderschönen Holunderblütenbaum passieren durfte. Dieser Holunderblütenbaum war ein Zauberbaum, so erzählte man sich die Legende jedenfalls im kleinen Städtchen. Und Lena glaubte an Zauberei.

Sie war verzaubert von der Schönheit, der Pracht und der Wonne, die dieser Baum ausstrahlte und den Duft hätte sie wie ein berühmter Massenmörder am liebsten in ihre Einzelteile zerlegt und jeden einzelnen in kleinen Dosen immer und immer wieder eingenommen, als wärs eine Droge, die sofort abhängig macht, aber dem Körper und der Psyche überhaupt keinen Schaden zufügen könnte, auch wenn dies eigentlich einem Widerspruch in sich gleich käme, doch das war der kleinen Lena egal. Sie liebte diesen Duft, sie brauchte ihn, sie verehrte ihn, vergötterte ihn sogar.

Einges schönen Tages, es war Frühling, diejenige Jahreszeit also, in der die Flora ihre ganzen Reize auspielen konnte, ging das kleine Mädchen wieder seines Weges. Doch etwas war anders, lag in der Luft, tauchte die Stimmung in eine eigenartige Färbung, etwas war anders und als sie den Holunderblütenbaum passierte, als sie sich den Tag an seinen Düften versüssen wollte, als sie bereits ihre Niesteln spreizte und tief Luft holte um die ganze duftende Macht sich durch sämtliche Luftbahnen, Poren und sonstige durftempfängliche Körperöffnungen einverleiben wollte, genau in diesem magischen Moment fiel es ihr wie Schuppen von den Augen... der Baum, ihr Baum, der Zauberbaum, ihr Holunderblütenbaum, er hatte nichts mehr, er hatte seinen Duft verlohren. Er war nicht mehr. Jedenfalls nicht mehr derselbe. Vor ihm auf dem Boden entdeckte sie einen Zehn- Frankenschein.

FORTSETZUNG FOLGT

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