Sonntag, 22. März 2009

Hans im Glück

Hans stand davor, kurz davor, in Längenmassen waren es etwa 30 cm, 300 mm um in der Sprache vom Hans zu sprechen, er war ein Perfektionist und darum konnte auch eine Grösse nicht zu klein, nicht zu detailliert sein, um einer Beschreibung trotzen zu können. Er hatte den Schlüssel aus seinen Hosentaschen hervorgekramt, richtigehen suchen musste er seinen Bund, war er doch umwickelt von Allerlei, das sich über all die Jahren an denen er an seinem Ziel gebaut hat, ansammelte und seine Hosentaschen zu richtigen Rumpelkammern florieren liess. Er steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn nach rechts, genau so, wie es sein musste. Die Tür sprang auf und er schritt über die Schwelle. Da stand er nun. Hans war im Glück.

Es war sein Verdienst, gar Gebäude, er hatte es sich selber erschaffen, hatte gebastelt und geplant, hatt skiziiert, radiert und nochmals von vorne begonnen, machte dabei manchmal zwei schritte vorwärts, um dann drei rückwärts zu schlittern und im Nachhinein eine ganz andere Richtung zu beschreiten. In seinem Kopf hatte er sich es immer ausgemahlt, in seinem Kopf wusste er genau wie es aussehen musste und zu erscheinen hatte. Hans war auch in dieser Beziehung ein Perfektionist. So hatte bereits als kleiner Junge einen Plan, einen speziellen Plan, seinen Masterplan. Hans hatte einen Plan vom Glück.

Schon in der Schule während den grösseren und kleineren Pausen, die nach seiner perfektionistischen Einstellung eigentlich auch nach Längenmassen zu bezeichnen gewäsen wären, aber er liess es beim allgemeinen Volksmund bewenden, da seine Schulkolleginnen und Kollegen sowieso nicht von etwas anderem zu überzeugen gewesen wären, sie waren ja schliesslich noch Kinder und mochten sich nicht mit solchen erwachsenen Dingen herumschlagen, während diesen Schulfreien Minuten also lernte Hans die ersten Regeln des Glücks. Im Laufe der Jahre sammelte er diese allgemeinen Konventionen und schrieb sich alles genau nieder. Mit der Zeit hatte er ein ganzes Regelwerk, ein gesellschaftliches Regelwerk des Glücks: 1. Kinder sind von Natur aus glücklich, nicht weil sie was dafür tun, sondern weil sie es aus den Augen der Erwachsenen einfach sind, 2. wenn man älter wird, ändert sich alles, auch das Glück. Es entspricht dann nicht mehr einem allgegenwärtigem Zustand sondern einem Etwas, einer Metaebene sozusagen, die es zu erstreben gilt, 3. manchen fällt das Glück einfach in den Schoss, glücklich also der oder die, die einen Rock tragen, denn das Glück kann genau so schnell wie es kam auch wieder weg sein, 4. das Glück kann erzwungen werden, aber ebenso kann man 5. auf sein Glück warten, man wird in gewissen Fällen dann von ihm gefunden, 6. das Glück birgt Geheimnisse, die niemand wirklich lösen vermag, aber auch kein Mensch lösen möchte, 7. das Glück trifft nicht jeden, 8. Glück ist individuell wandelbar und nimmt immer aufs neue Gestalt an, somit ist Glück auch nur sehr schwer fassbar. Glücklich der, dem das gelingt. 9. Das Glück wohnt nicht neben an, auch nicht oben drüber und man darf schon gar nicht darauf herumtrampeln. Das Glück ist aber trotzdem allgegenwärtig, man muss es nur sehen und 10. manchmal hat man einfach Glück und dies, da war sich Hans ganz sicher, viel mehr als man es wirklich wahrhaben möchte. Das zufällige Glück erkennt man nämlich nur dann als solches, wenn man es auch wirklich erkennen möchte, man es sich erwünscht hat.

Diese Regeln änderten das Leben von Hans. Er hatte über Jahre alles gesammelt was mit Glück verbunden wurde, hat über all die Zeit alls eingesaugt, was er sah, hörte und las, was Glück ausmache, was Glück war und was Glück hervorruft und birgt. Er hatt einge ganze Sammlung, ein Arsenal an Dingen, die andere Menschen glücklich machen. Nur er, er hatte zu diesem Zeitpunkt das Glück noch nicht gefunden, nooch nicht erhalten und auch es hatte ihn nicht entdeckt. Da beschloss Hans zu handeln und er fing an seinen Plan zu verwirklichen. Hans nahm sein Glück selbst in die Hand.

Nach wochenlangem planen und skizzieren, nach einer geraumen Zeit in der er nachdachte, ent-, um wieder zu verwerfen, nach dem Bau von kleinen und grösseren Modellen und der immer wiederkehrenden Absprache mit seinem Umfeld, war es endlich so weit. Hans machte den ersten Spatenstich und fing an sein Glück zu bauen.

Er brauchte Tage, Wochen, Monate und Jahre. Er baute die ganze Zeit und vergass sie dabei manchmal gänzlich. Er baute Tag und Nacht, er baute bei Schnee, sowie Regen, aber auch bei Hitze. Er hämmerte und nagelte, er leimte und klebte, er rangierte und ersetzte, er hobelte und strich an. Er baute und baute. Aber er war nie alleine. All die Jahre nach dem er nach dem Glück und seinen Begebenheiten gesucht hatte, kam er weit herum, in all den Jahren an denen er eine Sammlung des Glücks angelegt hatte traf er viele Menschen, die ihn in seinem Plan, das merkte er nun überdeutlich, ein Stück voran brachten, an all den Orten an denen er war, traf er immer wieder auf das Glück. Dieses Glück wurde stets von jemand anderem beherbergt. So kamen über die ganze lange Zeit viele Bekannt- und gar Freundschaften zusammen, sie sammelten sich an, sie vertieften sich und wuchsen parallel zu Hans Glücksammelsurium. Alle diese Leute begleiteten ihn nun ach bei seinem Bau, sie halfen ihm, unterstützten ihn in Tat und Wort und waren somit ein wichtiger Teil des Ganzen.

Eines Tages war der letzte Kopf des letzte Nagels getroffen, eines Tages war der Moment, auf den Hans all die Jahre gewarte und hingearbeitet hatte gekommen, Er hatte es geschafft oder genauer: erschaffen. Hans stand davor, kurz davor. Er steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn nach rechts, genau so, wie es sein musste. Die Tür sprang auf und er schritt über die Schwelle, über die Schwelle zu all den anderen, die er kannte, schätzte und auch liebte. Da stand er nun. Hans war im Glück.

Keine Kommentare: