Sonntag, 7. Juli 2013

Luisa ass

Luisa sass da und ass. Eigentlich nichts ungewöhnliches, gehört es doch zum normalen Tagesinhalt westlicher Kultur sich mindestens 3x am Tag den Magen mit allerlei Essbarem zu füllen. Für Luisa war es in diesem Moment aber anders, denn sie ass nicht aus Gewohnheit, sie ass nicht weil es ihr die Tageszeit so vorschrieb, sie ass aber auch nicht, weil sie sich vom Gruppendruck der Gesellschaft um sie herum dazu gezwungen fühlte. Nein, sie ass aus Freiheitsdrang.

Luisa hatte schon lange das Gefühl gepackt eingekesselt zu sein, eingesperrt in einer Welt voller Junk-Food, Schnellimbissbuden und Take-Away-Läden. Nicht einmal dort, wo man auch Mal sitzen konnte zum essen galt die "Let it here"-Regel für Luisa. èberall wurde einem Essen an den Kopf geschmissen, wobei das metaphorisch zu verstehen ist, weil man ja bekanntlich mit essen nicht spielt, obwohl es gemäss Luisa genügend davon gäbe um ein Legoland der kulinarik zu tausenden aufzubauen. Luisa stellte sich also an die eine Wand und ass.

Luisa ernährte sich nicht vegan, sie war auch keine Vegetarierin, sie war auch nicht auf einer antiaromatischen Gerüchetour, Luisa wollte einfach nur wieder freie Gestaltung ihrer Essgewohnheiten. Und schon das Wort "Gewohnheit" liess ihr schaudernde Hühnerhaut auf die Körperoberfläche entstehen, woebei sie diese Hühnerhaut immer wieder an die Chicken-Wings aus den All-You-Can-Eat-Läden um die Ecke erinnerte. Luisa stand also zwischen diesen Bergen von Magenfüllern und Dönerbuden, sie stand mitten im Zimmer des essbaren Gefühlschaos und suchte den Ausgang. Luisa streckte die Hand zur Wand, griff hinein, drehte sie um 60 Grad nach links, riss ein Stück dieser lebensmittelartigen Allfaltigkeit heraus und biss zu. Luisa ass sich so langsam durch die Wand.

Luisa fühlte schon lange kein Gefühl von Fülle mehr. Sie schaltete ihre Geschmacksknospen aus, das sie zu viel anschlugen. Sie lebte in ihrem eigenen Universum - wenigstens in diesem Moment - mit dem Ziel, sich endlich zu befreien. So ass sie sich Türen in die fettriefenden und biomatischen Wände, stopfte damit Löcher in ihrem Magen, die von Sehnsucht nur so brutzelten. Sie ass und ass und ass immer weiter.

Luisa sass da und ass, im kleinen Raum in dem sie nun angelangt war, ohne Fesnter und ohne Tür. Und sie war sich sicher, hinter der nächsten Wand würde die kulinarische Freiheit, das zwanglose Paradies der aromatischen Glückseeligkeit warten. Sie war sich sicher. So sass Luisa da und ass und ass und ass immer weiter.

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